Fantasy

Marah Woolf: Wicca Creed – Zeichen und Omen

Inhalt:
„Seit der Ermordung ihrer Familie vor über zwölf Jahren lebt die junge Wicca Valea Patel fernab ihrer Heimat Ardeal bei den Menschen. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als zurückzukehren und herauszufinden, was in der Nacht, in der ihr Leben brutal in Stücke gerissen wurde, vorgefallen ist. 
Doch erst als wieder eine Wicca ermordet wird, lässt ihr Großvater sie holen, denn Valea besitzt die seltene Gabe, Erinnerungen zu sehen – selbst die der Toten. 

Nach ihrer Ankunft findet sie sich jedoch in einem unentwirrbaren Geflecht aus Lügen, Intrigen und Verrat wieder. Denn in Ardeal tobt seit Jahrhunderten ein Krieg zwischen den Wicca, den Strigoi und der Hexenkönigin, der erst beendet sein wird, wenn zwei der drei Völker endgültig vernichtet sind. „

Rezension

Ich habe bisher von dieser Autorin noch nichts gelesen und bin auch nur wegen des netten Farbschnitts auf dieses Buch aufmerksam geworden. Ja, ich bin durchaus ein Designopfer…

Aber die Geschichte fand ich überraschend gut.

Zunächst dachte ich, das sei nichts, was mir gefallen würde: Der Schreibstil ist relativ einfach, wodurch die Figuren etwas kindlich wirken. Außerdem kamen wir sehr schnell zu einer Liebesszene, was nichts ist, was mich sonderlich in einer Story interessiert.

Doch je weiter ich las, umso interessanter entwickelte sich der Plot und auch die Charaktere. Was als leichte Fantasy begann, führte immer mehr ins Dunkle und in Verwicklungen, die ich nicht vorhergesehen hatte.

Ja, die ein oder andere Szene ist vielleicht ein wenig zu schnell abgehandelt worden und hätte etwas mehr Tiefe benötigt, aber alles in allem fühlte ich mich gut unterhalten.

Es ist der erste Band einer Trilogie und ich denke, ich werde auch dem zweiten Band eine Chance geben, denn mich interessiert schon, wie es weitergeht.

Thriller

Riley Sager: The Only One Left

Autor: Riley Sager
Titel: The Only One Left
Verlag: Hodder & Stoughton
Sprache: Englisch
Erscheinungsdatum UK: 04. Juli 2023

Dt. Übersetzung: Hope’s End
Verlag: dtv
Erscheinungsdatum DE: 12.10.2023

Inhalt:
„1929 erschüttert eine schreckliche Bluttat ganz Maine. Die 17-jährige Lenora Hope wird verdächtigt, ihre Eltern und ihre Schwester grausam ermordet zu haben. Sie streitet die Tat jedoch vehement ab und spricht nie wieder darüber.

Erst als fast fünfzig Jahre später die junge Pflegerin Kit nach Hope’s End, dem Familiensitz und Schauplatz des Massakers, kommt, scheint sich das Geheimnis um die grausamen Morde lüften zu lassen. Denn Lenora Hope, die nach einem Schlaganfall nur noch mithilfe einer Schreibmaschine kommunizieren kann, will Kit die ganze Geschichte erzählen. Doch Kit begreift schnell, dass sie niemandem trauen kann. Und schon bald ist sie selbst in tödlicher Gefahr …“

Rezension

Eigentlich lese ich wenig Thriller und habe in dem Genre auch keine/n Lieblingsautor/in, aber Riley Sager ist natürlich ein Name, wenn es um Spannung geht.

Und spannend ist dieses Buch auf jeden Fall!

Nach einer kurzen Einführung zum Setting und der Protagonistin ging es auch direkt in die Vollen. Wir werden in ein zerfallendes Haus versetzt, dessen Bewohner so einige Geheimnisse bergen und in dem vor vielen Jahren Morde verübt worden.
All das trägt von Anfang an zu einer Atmosphäre bei, die sich wie eine schwere Decke über die Schultern nicht nur von Kit, der Hauptperson, sondern auch über die der Leser*innen legt.

Gekonnt steigert der Autor ganz langsam die Spannung, lässt uns nach und nach in die Seelen der Charaktere blicken, führt uns auf Irrwege und deutet an, dass alles vielleicht nicht so ist, wie wir uns das denken – ein absoluter Pageturner.

„The Only One Left“ ist das ideale Buch für die Halloweenzeit oder für alle, die sich auch an sonnigen Tagen gern gruseln. Ich fand es auf jeden Fall sehr gut gelungen, besser als so manch anderes Buch des Autors.

Vielen Dank an NetGalley UK und Hodder & Stoughton für das Rezensionsexemplar.

Mystery

Louise Penny: Totes Laub

„Totes Laub“ ist der elfte Fall aus der Serie um den Ermittler Gamache von Luis Penny.

Eigentlich ist Chief Inspector Gamache im vorzeitigen Ruhestand, doch dann wird ein kleiner Junge tot aufgefunden, der am Tag zuvor behauptet hatte, eine riesige Kanone mit einem Monster darauf gefunden zu haben.
Alle halten seinen Tod für einen Fahrradunfall, doch Armand Gamache vermutet ein gewaltsames Ende und geht dem auf die Spur.

Meine Meinung

Natürlich ist es ein wenig unwahrscheinlich, dass in einem so kleinen Ort wie Three Pines im Laufe der Zeit so viele Morde passieren, aber das tut der Geschichte keinen Abbruch.

Wie immer wurde die Spannung sehr langsam aufgebaut und entwickelte sich zum Ende hin gewohnt rasant.

Man trifft auf bekannte, aber auch neue Figuren, die dem Dorf Leben einhauchen und Geheimnisse mit sich tragen, die durchaus sehr düster sind.

Je mehr Bücher ich aus der Reihe lese, umso beeindruckter bin ich von Pennys Fähigkeit, die Psyche einer Person einzufangen. Von Buch zu Buch scheint sie tiefer zu gehen mit ihrer Analyse und man lernt auch über bekannte Charaktere noch sehr viel mehr dazu. Ich bin völlig fasziniert davon und halte die Autorin für unterbewertet. Ihre Bücher verdienen so viel mehr Aufmerksamkeit und ich empfehle sie, wo und wem ich nur kann.

Obwohl ich das Buch gedruckt im Regal stehen hatte, habe ich mich dennoch aus praktikablen Gründen für das Hörbuch entschieden. Erschienen ist es im Audio Verlag und gelesen wird es von Hans-Werner Meyer.
Ein wenig irritierend fand ich, dass der Sprecher ein paar Charakteren einen Akzent verpasst hat, der in deutschsprachige Regionen gehört, aber nicht nach Kanada.

Die nächsten Bücher aus der Serie werde ich dann auf Englisch weiterlesen oder -hören.

Klassiker

Abgebrochen: „Die Brüder Karamasow“ von Dostojewski

„Die Brüder Karamasow“ ist das aktuelle Buchprojekt im „Hardcore Literature Bookclub“ auf Patreon.

Mir war das etwas zu sehr hardcore…. Ich hab ein gutes Drittel gelesen, aber mich eher durchgequält.

Zu viele „laute“ Männer mit zu vielen „lauten Meinungen“, dazwischen ewig dauernde, religiöse Erörterungen und erzieherische Kommentare zwischen den Zeilen.

Ok, vielleicht bin ich auf einfach nur zu dumm für dieses Buch, was ich gar nicht ausschließen will. Trotzdem beende ich meine Reise damit hier und jetzt. Besser ist das. Vielleicht versuche ich es in ein paar Jahren noch einmal, aber momentan meide ich es lieber.

Mystery

Vera Buck: Wolfskinder

Inhalt:
“In Wahrheit ist ein Wald nicht still. Er ist voller Geräusche und aus dem Stoff, aus dem Albträume sind. Ein abgelegenes Dorf hoch oben in den Wäldern, fernab der Zivilisation. Ein Ort, wie geschaffen als Versteck – oder als Gefängnis.
Hoch in den Bergen liegt die Siedlung Jakobsleiter, abgeschieden von der modernen Welt. Hier gelten die Regeln der Natur – rau, erbarmungslos, aber verlässlich. Das denkt zumindest Jesse. Ihm und den anderen Kindern von Jakobsleiter wurde eingetrichtert, dass alles Böse unten in der Stadt wohnt. Doch seine Freundin Rebekka glaubt nicht daran, sie will die Siedlung verlassen. Dann verschwindet Rebekka. Und sie ist nicht die Einzige. In der Bergregion werden immer wieder Frauen vermisst. Nur die Journalistin Smilla, die vor Jahren ihre Freundin Juli in der Gegend verloren hat, sieht einen Zusammenhang. Erst recht, als ihr ein verwahrlostes Mädchen vors Auto läuft, das verblüffende Ähnlichkeit mit Juli hat. Das Misstrauen gegenüber den Bewohnern von Jakobsleiter wächst, und nicht nur Jesse wird Opfer von brutalen Angriffen. Währenddessen gerät Smilla einem Geheimnis auf die Spur, das alle vermeintlichen Wahrheiten aus den Angeln hebt …“

Rezension

Dieses Buch stammt aus meinem Abo von Bücher König.

Nach den ersten Seiten war ich skeptisch, denn die Geschichte sah zunächst so aus, wie ich sie gar nicht mag: kleiner, konservativer Ort im Nichts mit zurückgezogenen Menschen, die einander nicht wohlgesinnt sind und böse Dinge tun.

Aber dann entwickelte sich alles in eine ganz, ganz andere Richtung…

Die Story ist richtig gut konstruiert, sie verwirrt die Leser*innen lange Zeit, auch wenn mir so im letzten Drittel klar war, wie es enden würde. Tat aber dem Lesespaß keinen Abbruch!

Die Charakterentwicklung ist ebenfalls recht gut gelungen, auch wenn ich einige der Figuren ein wenig zu „blass“ fand. Das macht aber der Plot alles wieder wett.

Ein wirklich interessanter und spannender Roman, der mich neugierig auf weitere Werke der Autorin gemacht hat. Kann ich sehr empfehlen!

Gegenwartsliteratur

Elizabeth McKenzie: The Dog of the North

„The Dog of the North ist ein weiteres Buch, dass auf der diesjährigen Longlist des Women’s Prize for Fiction steht.

Zum Inhalt:
„Penny Rush has problems. Her marriage is over; she’s quit her job. Her mother and stepfather went missing in the Australian outback five years ago; her mentally unbalanced father provokes her; her grandmother Dr. Pincer keeps experiments in the refrigerator and something worse in the woodshed. But Penny is a virtuoso at what’s possible when all else fails.“

Rezension

Das war das erste Buch der Liste, das mir wirklich gut gefallen hat und das auch einen Platz in meinem Bücherregal beanspruchen darf.

Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig auf den etwas schrulligen Charakteren, die alle ein wenig aus der Reihe tanzen und die die Protagonistin Penny irgendwie zusammenhalten muss.
Sehr liebevoll geht die Autorin mit ihren Figuren um. Es gibt keine Verurteilung von Lebensentscheidungen, keine Belehrungen – dafür aber ganz viel Verständnis und Unterstützung untereinander.

McKenzie zeigt, dass „Familie“ nicht in ein Schema gepresst werden kann, dass solche Strukturen „messy“ sind und dass manchmal die „Wahlfamilie“ eine größere Bedeutung hat als die Blutsfamilie.

Der Plot ist natürlich ein wenig schräg und überzogen, aber er lässt dafür umso mehr die Personen erstrahlen, die einem so immer stärker ans Herz wachsen.

Ich wünsche mir, dass dieser Roman zumindest auf der Shortlist landen wird, auch wenn ich ihn nicht unbedingt als „preisverdächtig“ einstufen würde.
Dennoch eine absolute Leseempfehlung!

Gegenwartsliteratur

Camilla Grudova: Children of Paradise

Auch das ist wieder ein Buch von der Longlist des Women’s Prize for Fiction.

Mit nur 208 Seiten ließ es sich recht zügig lesen.

Nostalgie und Horror

Holly sucht einen Job und landet zu ihrer eigenen Überraschung in einem Kino, das schon bessere Zeiten gesehen hat. Alles in diesen Räumen wirkt nostalgisch und ein wenig schrullig – auch die Kolleginnen und Kollegen.

Es dauert eine Weile, bis sie sich einlebt und akzeptiert wird, doch dann gerät sie in den Sog des Lichttheaters und den Horror, der sich langsam in ihr Leben schleicht.

Die Atmosphäre dieser Geschichte ist eine interessante Mischung aus Nostalgie und Grusel.
Leser*innen einer gewissen Altersklasse werden sich selbst gut an das ein oder andere Kino erinnern, das noch nicht dem modernen Filmerlebnis unterworfen war, sondern ein wenig rebellisch-schrullig daherkam. Meist sah man ihm den Verfall bereits an und fühlte sich nicht nur wohl in den Sälen.

Dies einzufangen und es ein wenig weiterzuspinnen, ist der Autorin ausgesprochen gut gelungen.

Der langsame Untergang

Je weiter wir in der Story voranschreiten, umso seltsamer – und ekliger – werden die Dinge, die sich im „Paradise“ ereignen: Unfälle, üble Krankheiten und Tod schleichen sich ein und wir ahnen, dass das nicht gutgehen kann.

Letzten Endes kommt es, wie es kommen muss. Ein großer Konzern schluckt das Kino, es wird modernisiert und das Alte löst sich auf.

Meine Meinung

Es ist eine wirklich kurze Geschichte, die nur wenig zu sagen hat.
Ja, sie ist atmosphärisch wirklich gut geworden, alles passt zusammen, aber auf die ein oder andere „Ekelstelle“ hätte ich gut verzichten können.

Es bleibt auch nicht wirklich viel von ihr zurück bei mir. „Alles ist dem Verfall geweiht“ ist die Aussage, die ich dem Buch entnehme. Doch das ist nichts Neues, nichts, was mich als Leserin nun noch lang nach der Lektüre beschäftigen wird.

„Children of Paradise“ ist schon eine nette Unterhaltung, aber wieder mal frage ich mich, wieso das Buch auf der Longlist gelandet ist…

Klassiker

Leo Tolstoi: Krieg und Frieden

„Krieg und Frieden“ war das erste Buch, das ich im Rahmen des „Hardcore Literature Bookclub“ gelesen habe.

Ich begann mit einem etwas mulmigen Gefühl. Ich erwartete ein sperriges Werk, etwas, zu dem ich mich zwingen musste. Doch es kam alles ganz anders…

Der Plot

Den Inhalt möchte ich an dieser Stelle nicht in aller Ausführlichkeit wiedergeben. Ihr findet ihn auf unzähligen Seiten im Internet, z.B. auf Wikipedia.

Meine Zusammenfassung wäre: Russische High Society wird wie ein Hummer ins Wasser geworfen und nach und nach lebendig gekocht – wobei das Wasser hier der beginnende Krieg ist. Manche überleben es, manche nicht, manche kommen gut aus der Sache raus, manche nicht.

Ein Happy End gibt es natürlich auch.

Die Figuren

Auf 1500 Seiten kann man sehr viele Figuren unterbringen, sehr, sehr viele. Ich beschränke mich auf die, die für mich am interessantesten waren. Und ich gebe euch den Eindruck nur stark verkürzt wieder, zumal ich die Lektüre gedanklich immer noch verarbeite.

Pierre: Erinnerte mich immer wieder an Dorie aus „Findet Nemo“ – stolpert so durchs Leben und lässt sich dabei immer wieder von neuen Dingen beeindrucken. Er wurde im Ausland unterrichtet, aber es ist nicht ganz klar, warum genau und was er dort gelernt hat, jedenfalls erschien er mir nicht unbedingt weltgewandt. Zwar reflektiert er viel, aber kommt selten zu einem vernünftigen Ergebnis. Tragisch fand ich seine Kriegserfahrung, die allerdings etwas selbstverschuldet war, da er einfach ins Geschehen hineinrannte.

Andrej: Wollte sich aus gesellschaftlichen Zwängen lösen, um etwas zu bewegen, um ein Held zu werden. Er ist ein Mensch mit viel Mitgefühl der Truppe gegenüber, aber nicht gegenüber der Frau, der er die Ehe versprochen hat. Zum Heldentum hat er ein paar Chancen und er verhält sich in den Situationen auch sehr gut, aber der Weg nach oben im krieg ist nicht für jeden einfach.

Natascha: Erinnerte mich anfangs etwas an Lolita – das junge, fröhliche Ding, das jeder Mann begehrt. Sie ist ziemlich selbstverliebt und lässt sich vom ersten Widerstand sofort aus der Bahn werfen. Leider entwickelt sie sich dann zur aufopfernden Heilerin und findet ihr Glück in der Ehe und Mutterschaft. Für mich ist das kein besonders schlüssiges Bild, aber ich denke, dies war damals die Idealvorstellung einer Frau: Zuerst sexy und unwiderstehlich, dann treu und sorgend…

Marja (und ihr Vater Nikolai): Eine absolut toxische Vater-Tochter-Beziehung! Der Vater ist Narzisst, der seine Tochter eher wie ein Haustier behandelt und unbedingt die Bestätigung durch sie braucht. Ihr bleibt dabei kaum eine andere Wahl, als sich in die Religion zu flüchten, bleibt aber tatsächlich immer ihren Werten treu.
Die Reue, die der Vater später auf dem Totenbett empfindet, war für mich nicht nachvollziehbar.

Helene und Anatol: Für mich sind das die Figuren, die ich noch am meisten mochte in der Geschichte, auch wenn sie wenig Raum bekommen. Sie sind die „bad guys“, die, die sich nicht um gesellschaftliche Konventionen scheren und ihr Leben so lang voll auskosten, wie es ihnen möglich ist.

Die Leseerfahrung im Bookclub

Für mich ist es die erste Erfahrung, die ich mit diesem Buchclub gemacht habe. Ich habe nur durch Zufall Ende letzten Jahres davon erfahren und es bot sich an, ihn in meine Lesejahresziele einzubinden.

Die einzelnen Videos zum Buch lagen immer etwa eine Woche auseinander, erschienen aber nie am gleichen Wochentag, was es anfangs für mich etwas schwierig machte, den richtigen Einstieg zu finden. Aber das spielte für mich nach einiger Zeit keine Rolle mehr.

In den Videos erzählt Ben, der „Macher“ des Clubs, nicht nur viel zum historischen Kontext, sondern geht auch auf die Geschichte des Autors ein, welche Parallelen sein eigens Leben zu dem seiner Figuren hat und er beleuchtet sehr detailliert die großen Themen des Werkes.
Zu jedem Beitrag gab es Verweise auf weiterführende Literatur, auf Webseiten oder frei zugängliche Dokumentationen, die alle dazu dienten, das Leseerlebnis zu vertiefen.

Sehr wertvoll fand ich persönlich die vielen und diversen Kommentare der Teilnehmenden aus aller Welt unterhalb der einzelnen Videopostings. Hier gab es immer tolle Einsichten und Gedankenanregungen.

Ich persönlich habe mich aus Zeitgründen wenig an der Diskussion beteiligt, aber ich habe jeden einzelnen gelesen und schaue auch jetzt ab und an wieder in die zurückliegenden Gespräche hinein. Ohne diesen Austausch wäre der Buchclub nur halb so gut!

Meine (fragmentierte) Meinung

„Krieg und Frieden“ ist eine eine überraschend gut lesbare russische Soap – oder könnte es sein. Ziemlich störend fand ich die die „Kommentare aus dem Off“ von Tolstoi zum Krieg und die Belehrungen zum Leben als solches.
Manchmal dachte ich etwas frevelhaft, wenn es ihm nur darum ging, seine Sicht der Dinge zu zeigen, dann hätte es auch ein Essay getan….

Allerdings ist es durchaus lohnenswert, das Buch dennoch zu lesen. Der Autor hat einen guten Einblick in die menschliche Seele und zeigt anhand von Archetypen, wie ein Lebensmodell aussehen kann und was passiert, wenn historische Ereignisse damit kollidieren.

Auf der Suche nach Helden traf ich jedoch nur auf Antihelden. Es gibt keine einzige Figur für mich, die einen tieferen Eindruck hinterlassen hat. Zusammen ergeben alle Charaktere ein wirklich interessantes Bild, aber einzeln sind sie nur „normale“, wenn auch sehr privilegierte Menschen, die Tolstoi vor dem Hintergrund des Krieges als Marionetten seiner Weltsicht herausgefischt hat.

Auch ist die Entwicklung dieser Personen für mich nicht immer nachvollziehbar. Einige verhalten sich plötzlich entgegen ihres Wesens und es wird nicht klar, was sie dazu bewogen hat.

Das – für mich schreckliche – Frauenbild ist wohl der Zeit des Autors geschuldet. Identifizieren konnte ich mich mit keiner von ihnen (allerdings auch nicht mit den Männern).

Ihr seht, ich kann meinen Eindruck nur gestückelt in (schlechte) Worte fassen. Es ist ein großes Werk, wir haben es sehr intensiv aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und es gibt viel, was mir dazu durch den Kopf geht. Vermutlich werde ich es irgendwann ein weiteres Mal lesen, um es klarer sehen zu können.

Aber erst einmal geht es im Buchclub nun weiter mit „Die Brüder Karamasow“ von Fjodor M. Dostojewski.

Gegenwartsliteratur

Sheena Patel: I’m a Fan

Endlich mal ein Buch von der Liste, dass ich sehr gelungen finde und das meiner Meinung nach zurecht dort gelandet ist.

Fan, Stalker oder Psychopat?

Unsere Protagonistin hat sich in einen Künstler verliebt, der neben ihr noch einige weitere Frauen hat (inkl. einer Ehefrau), darunter auch die Frau, die die Protagonistin aus den sozialen Medien kennt und von der sie besessen ist.

Sie bezeichnet sich selbst als Fan, doch die Grenzen zwischen Stalking und psychopathischem Verhalten verwischen immer mehr, je weiter wir lesen. Zwanghaft verfolgt sie fast sekündlich den Account der Frau, die sie bewundert, deren Status sie jedoch nie erlangen wird, da sie die „falsche Hautfarbe für die sozialen Medien“ hat und vom Algorithmus nicht gefördert wird. Durch sie lebt sie ein Leben, das ihr nicht vergönnt ist und heftet sich so nah wie möglich an ihre Fersen.

Dass der Mann, der nicht mit ihr zusammensein will, ebenfalls eine Beziehung mit dieser Frau unterhält, fasziniert sie einerseits, führt aber auch zu seelischen Qualen.

Toxisches Umfeld, toxische Beziehungen

Es ist eine wirklich unbequeme Lektüre. Wir sehen, dass ein toxisches Umfeld zu toxischem Verhalten führen kann, denn auch die Protagonistin hat einen Partner, den sie fast noch schlimmer behandelt wie sie vom Mann, der nicht mit ihr zusammen sein will, behandelt wird.

Es gibt kein Entrinnen aus dieser Situation – auch nicht mit esoterischen Methoden, die ihre Mutter ihr vorschlägt.
Sie verstrickt sich immer tiefer in das Leben der anderen und wird zur Gefangenen ihres eigenen Lebens.

Meinung

„I’m a Fan“ ist sicher kein Buch, das ich beim ersten Lesen komplett begriffen habe. Es ist ein Buch, das mehrfach gelesen werden muss, um es wirklich zu begreifen.

Es macht jedoch nachdenklich. Wie benutzen wir selbst soziale Medien? Nutzen wir sie zum Guten und schaden wir uns damit? Wieviel von dem was wir online sehen und was uns frustriert, nehmen wir mit ins eigene Leben?

Der Story ist nicht ganz frei von Schwächen – stellenweise war sie etwas zäh -, dennoch steht sie meiner Meinung nach völlig zu Recht auf der Longlist. Ich würde mir wünschen, das Buch auch in der Shortlist wiederzufinden.

Gegenwartsliteratur

Laline Paull: Pod [abgebrochen]

So, es ist passiert: Ich habe ein Buch der Longlist vom Women’s Prize for Fiction abgebrochen – eins von dem ich es eigentlich nicht erwartet hätte.

2014 hat Laline Paull „The Bees“ veröffentlicht und ich war absolut fasziniert von dieser Geschichte. Klar, dass ich mich gefreut hab, als ich ihren Namen auf der diesjährigen Longlist wiedergefunden habe.

Aber das hier ist absolut nicht mein Ding und ich habe es schon relativ früh abgebrochen.

Es fängt schon damit an, dass wir hier einem weiblichen Delphin folgen (wobei später die Perspektiven sehr oft wechseln). Ich hab prinzipiell schon so meine Probleme mit der Personifizierung von Tieren speziell in Büchern. In einigen Stories wie „Animal Farm“ funktioniert das aber recht gut. Hier…eher nicht.

Der Schreibstil ist zu distanziert, zu sprunghaft, zu nüchtern, als dass ich irgendwie einen Zugang zu der Geschichte gefunden hätte.
Ich habe dann ein wenig recherchiert, um herauszufinden, ob das so bleibt, oder ob wir vielleicht irgendwann „an Land“ wechseln. Nein.

Stattdessen habe ich aber gelesen, dass die Story noch sehr gewalttätig werden soll und auch Missbrauch eine Rolle spielen wird.

Ok, hier war ich dann raus aus der Nummer. Auch Gewalt und Missbrauch sind Themen, die ich nur mit Vorsicht in Romanen angehe – das dann noch verbunden mit Tieren. Äh nein, zu abgefahren für mich.

Es mag sein, dass es ein sehr gutes und wichtiges Buch ist, weil es wohl auch die Auswirkungen des Klimawandels verdeutlicht, aber für mich funktioniert es nicht. Ich widme meine Zeit lieber anderen Büchern.