Gegenwartsliteratur

Sheena Patel: I’m a Fan

Endlich mal ein Buch von der Liste, dass ich sehr gelungen finde und das meiner Meinung nach zurecht dort gelandet ist.

Fan, Stalker oder Psychopat?

Unsere Protagonistin hat sich in einen Künstler verliebt, der neben ihr noch einige weitere Frauen hat (inkl. einer Ehefrau), darunter auch die Frau, die die Protagonistin aus den sozialen Medien kennt und von der sie besessen ist.

Sie bezeichnet sich selbst als Fan, doch die Grenzen zwischen Stalking und psychopathischem Verhalten verwischen immer mehr, je weiter wir lesen. Zwanghaft verfolgt sie fast sekündlich den Account der Frau, die sie bewundert, deren Status sie jedoch nie erlangen wird, da sie die „falsche Hautfarbe für die sozialen Medien“ hat und vom Algorithmus nicht gefördert wird. Durch sie lebt sie ein Leben, das ihr nicht vergönnt ist und heftet sich so nah wie möglich an ihre Fersen.

Dass der Mann, der nicht mit ihr zusammensein will, ebenfalls eine Beziehung mit dieser Frau unterhält, fasziniert sie einerseits, führt aber auch zu seelischen Qualen.

Toxisches Umfeld, toxische Beziehungen

Es ist eine wirklich unbequeme Lektüre. Wir sehen, dass ein toxisches Umfeld zu toxischem Verhalten führen kann, denn auch die Protagonistin hat einen Partner, den sie fast noch schlimmer behandelt wie sie vom Mann, der nicht mit ihr zusammen sein will, behandelt wird.

Es gibt kein Entrinnen aus dieser Situation – auch nicht mit esoterischen Methoden, die ihre Mutter ihr vorschlägt.
Sie verstrickt sich immer tiefer in das Leben der anderen und wird zur Gefangenen ihres eigenen Lebens.

Meinung

„I’m a Fan“ ist sicher kein Buch, das ich beim ersten Lesen komplett begriffen habe. Es ist ein Buch, das mehrfach gelesen werden muss, um es wirklich zu begreifen.

Es macht jedoch nachdenklich. Wie benutzen wir selbst soziale Medien? Nutzen wir sie zum Guten und schaden wir uns damit? Wieviel von dem was wir online sehen und was uns frustriert, nehmen wir mit ins eigene Leben?

Der Story ist nicht ganz frei von Schwächen – stellenweise war sie etwas zäh -, dennoch steht sie meiner Meinung nach völlig zu Recht auf der Longlist. Ich würde mir wünschen, das Buch auch in der Shortlist wiederzufinden.

2 Kommentare zu „Sheena Patel: I’m a Fan

  1. Soziale Medien sind das Gift unserer Zeit.
    Eigentlich wissen wir das, sind aber dennoch irgendwie permanent dort. Ich habe Auszeiten in denen ich gar nicht dort bin. Ich hab einige „Ehrenämter“ in Communities aber – wenn die Bude abbrennt, brennt sie eben ab. Mein reales Leben ist mir wichtiger und hilft mir auch nicht alles und jeden auf Social Media ernst zu nehmen. Über vieles kann ich nur lachen.
    Wer sich aber permanent dort aufhält geht eben ein Risiko ein.

    Gefällt 1 Person

    1. Ich nehme mir auch digitale Auszeiten, um mir bewusst zu machen, ob mein Onlinekonsum mir noch guttut oder mir schadet. Aber prinzipiell versuche ich, mir ganz bewusst meine Onlineumgebung so zu gestalten, dass sie mich fördert und mein Leben bereichert. Ich meide alle „Blasen“, die negativ sind, die nichts Wesentliches zu sagen haben und die nur Werbung für Marken betreiben. Stattdessen suche ich mir kreative Menschen, Büchermenschen – und ich verbinde mich nicht mit jedem. Ich schau da sehr genau drauf. Soziale Medien haben auch ihre guten Zeiten, aber man muss achtsam mit ihnen umgehen.

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